Lebenshilfe befürchtet: Bluttests als Kassenleistung führen zu mehr Schwangerschaftsabbrüchen

Berlin. Seit dem 1. Juli übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für Bluttests, die in der Schwangerschaft Trisomien wie das Down-Syndrom aufspüren sollen. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe bedauert sehr, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dazu die Zulassung erteilt hat. Sie befürchtet, dass die Bluttests nun zur Regeluntersuchung und noch mehr Menschen mit Behinderung abgetrieben werden.

Mit den neuen Methoden der Pränataldiagnostik geraten Eltern von Kindern mit Beeinträchtigung immer stärker unter Rechtfertigungsdruck, und bei Menschen mit Behinderung verstärkt sich die Angst, in dieser Gesellschaft nicht gewollt zu sein. Sebastian Urbanski, Berliner Schauspieler mit Down-Syndrom und Mitglied im Bundesvorstand der Lebenshilfe, sagt: „Ich lebe gerne und habe viel Freude am Leben. Ich bin glücklich, weil ich mich als Teil der Gesellschaft fühle und einfach dazu gehöre. Manchmal brauche ich zwar etwas mehr Unterstützung, aber die braucht ja jeder mal. Nur diese Bluttests machen mir und anderen Menschen mit Down-Syndrom wirklich große Sorgen.“

Hohes Risiko für falsch-positiven Befund

Mit den Bluttests ist keine Diagnose möglich. Dennoch kommt es schon heute vor, dass unmittelbar nach einem positiven Ergebnis eines Bluttests ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wird und die notwendige Untersuchung für eine Diagnose entfällt. Vielen Frauen und Frauenärzt*innen ist nicht bewusst, wie hoch das Risiko eines falsch-positiven Befundes ist, da immer wieder über die 99-prozentige Sicherheit des Bluttests berichtet wurde. Falsch-positiv bedeutet, dass der Test eine Trisomie anzeigt, die gar nicht da ist.

Das ist besonders bei jungen Schwangeren der Fall: Dort ist eins von drei Ergebnissen, dass das Kind eine Trisomie 21 hat, fehlerhaft. Bei den Trisomien 13 und 18 sind die Zahlen noch ungünstiger, so dass das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen die Aussagekraft für unsicher einschätzt (siehe Abschlussbericht des IQWiG, Seite 15).

Deshalb ist eine echte Diagnose so wichtig: Wird nur auf Grundlage eines Bluttests die Schwangerschaft abgebrochen, kann dies häufig auch ein Ungeborenes ohne Trisomie treffen. Lassen Sie sich daher umfassend beraten, wenn Sie über den Bluttest nachdenken oder das Ergebnis bekommen haben.

Die Lebenshilfe sieht in der Tatsache, dass ein solch unsicheres Verfahren ohne medizinische Gründe von der Krankenkasse finanziert wird, eine Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung – von denen die allermeisten ein glückliches Leben leben.

Hier mehr Informationen zu den Bluttests.

Zum Bild: Auch mit Trisomien wie dem Down-Syndrom können Betroffene ein glückliches Leben haben. Foto: Pixabay