Eltern von Kindern mit Behinderung haben gesetzlichen Anspruch auf zahlreiche Förderungen. Häufig wissen sie aber gar nichts von diesen Rechten oder sie gestehen sich selbst die Hilfebedürftigkeit nicht vollends ein. Um die Kenntnisse der Gesetzesgrundlagen aufzufrischen und noch besser über Beratungsmöglichkeiten Bescheid zu wissen, hatten sich 25 Mitarbeiter der Frühfördereinrichtungen der Lebenshilfe Helmstedt Wolfenbüttel die Expertin Evelyn Küpper aus Düsseldorf zu einer zweitägigen In-House-Fortbildung eingeladen.
„Eltern haben oft Probleme, sich einzugestehen, dass sie Unterstützung brauchen“, erklärt Küpper. Zudem fehle den Eltern häufig die Kraft, sich mit den rechtlichen Grundlagen auseinanderzusetzen. Hier können die Erzieher und Pädagogen der Lebenshilfe bereits moralische Unterstützungsarbeit leisten. „Das gehört auch zu unserem familienorientierten Ansatz. Wir fördern also nicht nur die Kinder, sondern versuchen die ganze Familie zu unterstützen“, erklärt Traute Prüß, Leiterin der Wolfenbütteler Frühförderung.
Häufig müssten Eltern lernen, sich selbst präziser zu beobachten. „Es kommt vor, dass Eltern auf die Fortschritte ihres Kindes so stolz sind, dass sie den Mehrbedarf an Pflege, der immer noch da ist, übersehen“, erklärt Prüß. Auch die Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen würde bei vielen Eltern für Panik sorgen. Dieser begutachtet den Tagesablauf und überprüft so die Angaben zum Mehrbedarf.
Evelyn Küpper teilte ihr Wissen mit Lebenshilfe-Mitarbeitern in der Turnhalle des heilpädagogischen Elementarzentrums an der Lindener Straße.
Im Vordergrund der Fortbildung steht aber das Sozialgesetzbuch und die darin versteckten Möglichkeiten für Eltern behinderter Kinder. „Eltern müssen wissen, was ihr Recht ist“, so Küpper. Es finge bereits bei einem Schwerbehindertenausweis an. Aber Küpper ist auch Expertin für die kleinen rechtlichen Feinheiten und gibt Tipps und Tricks. Auf dem Fortbildungs-Progamm stehen insbesondere das Sozialgesetzbuch 9 (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) sowie die Bücher 5 und 11 zur Sozialen Pflegeversicherung. Wichtige Instrumente – aber keine Lektüre, die Eltern eben mal so nebenbei lesen können.
Als Betroffene – Küpper ist Mutter eines 31-jährigen Sohnes, der schwerst mehrfach behindert ist – hat sich Küpper umfassend mit den rechtlichen Möglichkeiten des Deutschen Sozialgesetzes befasst und Erfahrungen mit zahlreichen Ärzten, Kassen und anderen Leistungsträgern gesammelt. „Alle wollen Geld sparen, ob Krankenkasse oder Pflegeversicherung, aber was Recht ist, muss Recht bleiben“, lautet ihr Fazit. Dazu gehöre bei Frühförder-Kindern beispielsweise ein Therapiestuhl, ergänzt Prüß.
„Unser Ziel ist es, Eltern behinderter Kinder im Rahmen der Frühförderung und darüber hinaus noch besser über Hilfsmöglichkeiten informieren.zu können.Wir möchten Eltern ermutigen, im Interesse der Kinder ihre Rechte wahr zu nehmen“, so Prüß.
Die Frühfördereinrichtungen in Wolfenbüttel und Helmstedt betreuen zusammen über 200 Kinder vom zu früh geborenen Risikobaby bis zum sechs Jahre alten Vorschulkind.