Neue Beratungsstelle bietet in Wolfenbüttel ihre Hilfe an. Motto: „Recht haben, Recht bekommen“.
Wolfenbüttel. Kann es einen besseren Beleg für den Bedarf einer Beratungsstelle geben: Schon Tage vor der eigentlichen Eröffnung standen die ersten Ratsuchenden vor der Tür.
„Unsere Initiative hatte sich wohl rumgesprochen“, berichtete Axel Koßmann. Er leitet das neue Beratungsbüro der Lebenshilfe in Wolfenbüttel. Im Kalmschen Haus an der Töpferstraße 20 will er Menschen helfen, nicht nur Recht zu haben, sondern auch Recht zu bekommen.
Denn genau so lautet das Motto der neuen Einrichtung. Die Aktion Mensch hatte bundesweit dazu aufgerufen, sich für Rechte der Menschen mit Behinderung stark zu machen, und die Finanzierung eines entsprechenden Projektes ausgelobt. Auch die Lebenshilfe Wolfenbüttel erhielt den Zuschlag, und so ist das Büro nun mindestens für fünf Jahre in der Auguststadt angesiedelt. „Die Mundpropaganda hat schon gezündet“, erzählte Koßmann. Mehreren Besuchern konnte er schon bei komplizierten Anträgen helfen. Der kniffligste Fall: „Die Mutter eines geistig behinderten Sohnes war da – ihm steht nach dem Tod seines Vaters eine Halbwaisenrente ,bei Bedürftigkeit‘ zu“, schilderte Koßmann. „Aber wo beginnt Bedürftigkeit in dieser Situation?“
Beraten und für Betroffene eintreten – das gehörte schon immer zur DNA der Lebenshilfe. „Seit der Kreisverband Wolfenbüttel vor fast 60 Jahren gegründet wurde, war das die Kernaufgabe des Vereins“, sagte Bernd Schauder, Geschäftsführer der gGmbH. Und er erinnerte die Gäste zur Eröffnung der Beratungsstelle daran, dass gerade durch die Beratung der Betroffenen ganz viel entstanden sei in Deutschland: „Zum Beispiel Werkstätten, Schulen – und als ganz wichtiger Faktor das gesamte Recht auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.“
Gerade das Bundesteilhabegesetz (BTHG) zeige aber auch, wie groß der Unterschied zwischen Recht haben und Recht bekommen sein könne: „Auf dem Papier ist das BTHG schon mal ganz gut, doch an der Umsetzung hapert es auf vielen Gebieten.“ Immerhin, so lobte Schauder: „Im Landkreis Wolfenbüttel gibt es einen Inklusionsplan – so weit ist noch lange nicht jede Kreisverwaltung.“
Dieses Lob durfte Bernd Retzki durchaus persönlich nehmen. Der Sozialdezernent des Landkreises war bei der Büro-Eröffnung zugegen. „Inklusion ist mir eine Herzensangelegenheit“, versicherte er glaubhaft. Schauder hatte betont, Lebenshilfe und Landkreis arbeiteten auf Augenhöhe, doch der Inklusionsplan müsse nun mit Leben gefüllt werden. Das will auch Retzki.
Der Sozialdezernent wünschte der neuen Beratungsstelle, dass sie von einem zeitlich begrenzten Projekt zu einer nachhaltigen, ständigen Einrichtung werde. „Denn wenn ich das richtig sehe, gehören zu ihrer Zielgruppe ja gerade Menschen, die wahrscheinlich noch weniger Zugang zu den Themen Jura und Behördensprache haben.“ Verständnis äußerte er, dass es zwischen Leistungsträgern und Leistungsempfängern manchmal Konflikte geben könne. „Das muss aber nicht zwangsläufig zu juristischen Klagen führen. Ich glaube vielmehr, dass man in Kooperation am meisten für die Menschen erreicht.“
Axel Koßmann unterstrich in seiner Begrüßung noch einmal, was die Beratungsstelle künftig leisten wird. „Wir helfen bei Anträgen, Formularen und Verträgen, vom Schwerbehindertenausweis bis hin zur Beantragung eines Pflegegrades.“ Die neue Eirichtung diene dazu, die Rahmenbedingungen für Teilhabe zu verbessern, denn genau das sei Aufgabe der Gesellschaft. „Bei uns wollen wir Menschen mit Behinderung helfen, ihre Rechte kennenzulernen, zu verstehen und durchzusetzen.“ Das Projekt sei für Stadt und Landkreis Wolfenbüttel bewilligt und kostenlos. „Falls Fragen von Bewohner:innen, Beschäftigten oder Eltern aus der Lebenshilfe aus Helmstedt kommen, stehe ich selbstverständlich auch zur Verfügung.“
Beratungsstelle Töpferstraße 20, Telefon 05331/8826-488, Mail: beratungsstelle@lebenshilfe-he-wf.de. Öffnungszeiten: Montag, Mittwoch, Freitag von 10 bis 15 Uhr und nach Vereinbarung.