Wolfenbüttel. „Der hört sich an wie der Westernhagen“, sagt die Frau mit den kurzen, braunen Haaren im Publikum leise zu ihrer Freundin. Sie meint Markus Ewert, einen der Sänger von den „Kraftzwergen“.
Er gehört zu den neun Musikern, die gerade auf der beleuchteten Bühne im Schlossinnenhof kraftvoll „Junge“ von den Ärzten covern. Eine dreiviertel Stunde später steht die zweite Band auf der Bühne; es ist „The Mix“. Zwölf Musiker treten in schicken Anzügen und eleganten Abendkleidern auf die Bühne, stimmen noch eben die Gitarren, begrüßen das Publikum. Als die ersten Töne erklingen, ist der Raum vor der Bühne bereits restlos gefüllt. Es ist die Hymne von The Mix und eigentlich die eines jeden Menschen: „Lass mich sein, so wie ich bin“ heißt der Song, bei dem die Fans lautstark mitsingen.
Die Rocknacht des Kultursommer- Angebotes stand unter dem Credo „Nicht ohne uns“. Ohne wen? Nicht ohne Menschen mit Behinderungen. Einige Mitglieder der beiden Bands haben Handicaps. Jedoch keine, die sie davon abhalten Schlagzeug zu spielen, Songs zu schreiben oder eine friesische Wasserpfeife zu bedienen. Es sind keine, die sie in ihrer freien Entfaltung oder in ihrem selbstbestimmten Leben hindern. Wie die meisten guten Musiker im Olymp der Songwriter, setzen auch die Kraftzwerge und The Mix aussagekräftige Statements mit ihren Liedern. So persifliert Kraftzwerge-Sängerin Angela Rensch die Sucht des Menschen nach ewiger Schönheit und The Mix erzählt in „Wo geht die Reise hin“ von der Ungewissheit der Zukunft; hinterlässt den Zuhörer mit einem optimistischen Gefühl, dass schon alles irgendwie gut gehen wird.
Genau diese Emotionen, verpackt in Rockcover oder eigene Titel, spiegeln sich bei den Konzerten der Bands im Publikum wieder. Gänsehäutig, tanzlustig, lebensfreudig, musikbegeistert, bewundernd und auch ein wenig nachdenklich werden an diesem Abend vermutlich einige Besucher das Konzert verlassen haben. Vielleicht haben sie eigene kleine Vorurteile abbauen können, vielleicht haben sie darüber nachgedacht, ob die für alle Menschen geltenden Grundrechte tatkräftig umgesetzt werden, vielleicht haben sie sich aber auch die neuesten Platten der Bands gekauft und auf dem Weg nach Hause lauthals mitgesungen. Wäre ja schön.