Rollenkonflikte bei der Abwicklung von Behindertentestamenten

Wenn es um die Abwicklung von Behindertentestamenten geht, zeigten einige Nachlassgerichte neue Tendenzen, so erläutere es der Hamburger Rechtsanwalt Reinhold Hohage während eines Elternabends bei der Lebenshilfe in Wolfenbüttel. Das Hauptproblem bestehe darin, dass üblicherweise der überlebende Ehegatte nach dem Tode des Ehepartners gleich mehrere Rollen einnimmt: Er sei sowohl Miterbe, rechtlicher Betreuer als auch Testamentsvollstrecker, erklärte Hohage.

Zurzeit gebe es bei zwei Nachlassgerichten diesbezüglich Probleme. Zwar habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass gerade bei einer Konstellation, wo die Eltern Miterben und Testamentsvollstrecker sind, grundsätzlich keine Interessenkollision anzunehmen sei. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Interessenkonflikt vorlägen, beispielsweise wenn die Eltern das Vermögen des Kindes veruntreuten, sei es angezeigt, die Bestellung als Testamentsvollstrecker abzulehnen, so Hohage. 

Der Experte für Erbrecht schilderte, dass die Forderung der beiden Nachlassgerichte nach unabhängigen Testamentsvollstreckern einen Trend zu mehr Transparenz und zu einer formelleren Betrachtungsweise hin darstelle. Als Lösungsweg dieser Problematik böte sich an, sowohl einen unabhängigen Ergänzungsbetreuer bestellen zu lassen als auch einen Dritten zum Testamentsvollstrecker zu bestellen. Dabei sei es wichtig, dass diese Person nicht aus dem engsten familiären Bereich kommt.

Auch sei es möglich, gerade für diesen Fall, dass das Nachlassgericht die Bestellung des Überlebenden als Testamentsvollstrecker ablehnt, einen Unabhängigen zum Testamentsvollstrecker zu benennen. Dies solle möglichst bereits mit vollem Namen erfolgen und nicht lediglich ein Bestimmungsrecht eingeräumt werden. Soweit dem Überlebenden nur das Recht eingeräumt werde, den Testamentsvollstrecker zu bestimmen, vertreten die beiden Nachlassgerichte die Auffassung, dass der Überlebende aufgrund seines formellen Interessenwiderstreits hierzu nicht in der Lage sei. Daher sei es wichtig, eine namentliche Benennung vorzunehmen.

Im Anschluss an die Darstellung der Rechtsproblematik fand eine ausführliche Diskussion mit den Teilnehmern statt. 

Der Erbrechts-Experte Reinhold Hohage informierte Eltern bei der Lebenshilfe.