Lebenshilfe-Psychologen übten sich in der Filmanalyse

Bindungsstörungen entstehen im Kindesalter. Doch wie genau entstehen sie, wann und warum? Und was ist eigentlich die richtige emotionale Förderung für Kinder? Diesen Fragen gingen 13 Psychologen der Lebenshilfe und anderen Einrichtungen aus Peine, Gifhorn, Goslar, Salzgitter, Wolfsburg, Helmstedt und Wolfenbüttel bei einer Fortbildung nach. Für diesen Anlass erschien die renommierte Dozentin Bärbel Derksen bei der Lebenshilfe in Wolfenbüttel.

Als Psychologin und Psychotherapeutin hat sich Derksen auf das Thema frühkindliche Entwicklung spezialisiert. Im Rahmen ihrer Forschungen hat sie unzählige Eltern-Kind-Interaktionen per Videofilm dokumentiert. Anhand einer Filmauswahl analysierten die Fortbildungsteilnehmer interessante Situationen – aus Sicht des Kindes und der Eltern.

13 Psychologen bildeten sich im Blauen Stein bei der Lebenshilfe fort.

Es ging darum, ein Verständnis dafür zu entwickeln, woher es kommt, dass manche Kinder beispielsweise jemandem nicht in die Augen gucken können oder nicht die richtigen Worte finden, um ihre Emotionen auszudrücken. Vieles lässt sich auf die frühkindliche Entwicklungsphase zurückführen. In diesem Lebensabschnitt suchen Babys ununterbrochen nach emotionalem Input – von den Eltern.

 

Diese sollten auf die Kommunikationsbemühungen ihrer Kinder genau achten und feinfühlig darauf reagieren. Sucht das Kind etwa Blickkontakt oder schaut es zur Seite? Auch über den Körper sendet das Kind permanent Signale und empfängt Botschaften der Eltern. Bei genauer Beobachtung kann man feststellen, ob sich ein Kind auf die Kommunikation konzentrieren kann, indem es zuhört und Aufmerksamkeit zeigt. Wird das Kind still, wenn es etwas zu entdecken gibt?

Zu beachten sei dabei immer, dass jedes Kind ein Individuum ist – mit individuellen Fähigkeiten und individuellem Entwicklungsstand. Diese Eigenschaften und Fähigkeiten müssen die Eltern dementsprechend individuell fördern und begleiten.

Ein wichtiges Instrument der elterlichen Kommunikation sei der Spiegel, erklärt Derksen. Damit sei eine Spiegelung der Gefühlslage des Kindes gemeint. Die Mutter könne beispielsweise Laute des Kindes, die Anstrengung signalisieren, nachahmen und somit spiegeln. Entscheidend sei bei dieser Vorgehensweise die Anstrengung und Anspannung des Kindes nach und nach ins Positive zu verwandeln.

Mütter, die unter einer postnatalen Depression leiden, seien häufig nicht in der Lage eine solche positive Spiegelung umzusetzen. Und darüber hinaus reagieren sie oft wenig oder unpassend auf die Kommunikationsversuche des Kindes. So liefe das Kind emotional ins Leere. Auf diese Weise können Bindungsstörungen entsethen.

Bärbel Derksen hat im Laufe des Fortbildungstages zusammen mit den Teilnehmern noch weitere Eltern-Kind Kommunikationsfälle analysiert. Die Vorgehensweise ist dabei die gleiche, die Frau Derksen mit den Eltern gemeinsam wählt: Zusammen schauen sie sich relevante Videoszenen an. Eltern können so lernen, die oftmals zarten Signale ihres Kindes besser wahrzunehmen und sich immer besser auf diese einzustellen. „Wichtig ist, Eltern zu zeigen was sie gut gemacht haben, wo sie gut reagiert haben- dann erkennen sie oftmals von selbst, wo sie noch sensibler werden könnten,“ so Derksen.

„Die Methode, feinste Zeichen des Befindens durch Videoanalyse herauszulesen, war  sehr anregend und aufschlussreich“, sagte Ulrike Werner vom psychologischen Dienst der Lebenshilfe Wolfenbüttel-Helmstedt und ergänzte: „Sehr beeindruckend war auch ein historischer Film über den ‚kleinen John‘, einen zweieinhalb Jahre alten Jungen,  der in den 60er Jahren anlässlich der Geburt seines Geschwisterkindes für neun Tage in einem Kinderheim untergebracht wurde. An ihm wird deutlich, wie wichtig das Thema ‚verlässliche Bindung‘ im Betreuungskontext ist.“  Auch die enormen emotionalen Auswirkungen, die das Fehlen konstanter, verlässlicher und sensibler Bezugspersonen verursacht, sei deutlich geworden.

„Diese Inhalte würde ich gerne direkt mit den Erzieherinnen weiterbearbeiten. Sie haben eine unglaubliche Schlüsselstellung durch den täglichen Umgang mit den Kindern und damit großen Einfluss auf die emotionale Entwicklung jeden Kindes. Ganz besonders wichtig finde ich das in unseren Krippen“, erklärte Werner.

Bärbel Derksen sorgte für Erkenntnisse mit ihrer besonderen Methode der Filmanalyse.