Adelheid Schirmer sorgt für Selbstvertrauen und Freude an der Bewegung

Mit dem Bau des heilpädagogischen Elementarzentrums der Lebenshilfe an der Lindener Straße sind auch von Externen zu mietende Praxisräume für Physiotherapie und Logopädie geschaffen worden. Gleich nach der Fertigstellung Mitte August eröffnete Adelheid Schirmer hier ihre Praxis für Physiotherapie. Schon seit vielen Jahren betreut sie regelmäßig Kinder aus den Lebenshilfekindergärten krankengymnastisch. „Es ist schön, dass ich jetzt manche meiner Patienten, die hier zum Kindergarten gehen, vom Fenster aus sehen kann“, so die Physiotherapeutin. Auch der Austausch mit den Erziehern vor Ort sei jetzt durch die räumliche Nähe viel einfacher geworden. „Die Terminabsprachen können flexibler an Bedürfnisse der Kinder und der Gruppenplanung angepasst werden“, so Schirmer.

 

 

Sie behandelt vor allem nach der Bobath Methode. Dabei geht es um die für das jeweilige Kind bestmögliche Bewegungsentwicklung trotz verschiedenster Probleme wie Entwicklungsverzögerungen oder auch Behinderungen mit teilweise starker Spastizität. Der Patient erfährt durch Übungen einerseits Bewegungsfreiheit. Andererseits erlangt er durch fortschreitende Bewegungsbeherrschung und verbesserte Gleichgewichts- und Stützreaktionen immer mehr Sicherheit. „Wir Bobath-Leute sprechen von stabiler Mobilität und mobiler Stabilität“, erklärt die  Physiotherapeutin. Sie hat nach der 12-wöchigen Bobath-Ausbildung diverse Refresherkurse besucht. Eine vierjährige zusätzliche Feldenkrais-Ausbildung hat ihr Verständnis für die motorische Entwicklung und Sensomotorik noch weiter vertieft, für Zusammenhänge zwischen Bewegung, Wahrnehmung und Lernen. „Viele Bewegungen probiere ich immer wieder selbst aus“, so Schirmer, die schon immer viel Freude an der Bewegung hatte und sich daher für die Ausbildung zur Physiotherapeutin entschieden hatte.

Adelheid Schirmer behandelt Patienten seit August 2011 in ihrer Praxis im heilpädagogischen Elementarzentrum.

„Sicherheit bekommt man nur durch die Beherrschung elementarer Bewegungen und durch die Erfahrungen, dass man etwas kann. So gestalte ich die Behandlungen so, dass die Kinder eine Chance sehen, meinen Bewegungsvorschlag schaffen zu können – anfänglich vielleicht mit leichter Unterstützung. Sie sind dann nach ein paar Malen gespannt, ob sie es auch allein schaffen können“, erläutert die Therapeutin ihre Motivations-Taktik.

Dabei lägen die Unsicherheiten ihrer Patienten oft sehr tief. „Ich muss mit den Patienten weit zurück gehen und erst einmal das Fundament legen. Weist das Fundament Lücken auf, ist das ganze Haus wackelig. Ich behandele manche Kinder, die sind ungeschickt und fallen oft, meist noch unglücklich, denn sie können sich nicht gut auf den Armen abstützen. Oft sind diese nicht gekrabbelt. Haben die Kinder die Lücken im Bewegungsfundament nachgeholt, verschwindet meist auch ihre Ängstlichkeit. Statt dessen finden sie immer mehr Spaß an der Bewegung und sind stolz“, umschreibt Schirmer ihre Arbeit.  Auf den Armen abstützen oder die Füße richtig belasten sind dann die Bewegungsabläufe die eingeübt werden müssen. Aber auch erwachsene Menschen, die einen Schlaganfall hinter sich haben oder unter MS leiden und Menschen im Altersheim gehören zu ihrem Patientenkreis.

„Dabei ist der Blick für die kleinen therapeutischen Erfolge wichtig, sonst denkt man irgendwann, man hat gar nichts geschafft“, gibt Schirmer zu bedenken. Jeder Patient brauche seinen individuellen Maßstab. „Nur wenn man sich beispielsweise mit den typischen oft vom Patienten nicht zu steuernden Auswirkungen und Reflexen einer Spastizität auskennt, kann man die kleinen Behandlungserfolge wertschätzen“, so die Therapeutin. Oft seien es eben nur kleine Fortschritte: das Bewegen der Füße in eine bestimmte Richtung beispielsweise oder aufrechtes  also unverkrampftes Sitzen. Dafür übt Schirmer mit ihren Patienten bewusste Bewegungen. „Die Kinder sollen ihre Körper entdecken“, so Schirmer. Das Ziel lautet dabei, Ängste abzubauen und Bewegungen angenehmer zu gestalten.

„Häufig haben Kinder noch gar keine Begriffe für die Bewegung, noch kein wirkliches Körperbewusstsein“, erklärt Schirmer. Dann wüssetn die Kinder nicht was unten und oben bedeutet. Es müsse erst ein Plan von der Bewegung entstehen. Manche hätten frühkindliche Reflexe, die ihr Bewegungsverhalten beeinflussen, könnten sich zum Beispiel nicht auf allen Vieren abstützen, wenn sie nach unten gucken. „Die Koordination und  Eigenwahrnehmung steht zunächst im Vordergrund und wenn die Bewegungsmuster etabliert sind, kommt die Kräftigung hinzu“, betont Schirmer ihre Methodik. Auch bei der Auswahl des richtigen Fahrzeugs sei Schirmer behilflich. „Wenn Kinder soweit sind, dass sie Dreirad fahren können, sind sie oft schon zu groß“, so die Physiotherapeutin.

Schwierigkeiten gehörten in ihrem Job dazu. „Aber ich habe es schon oft genug erlebt, dass man auch das zunächst unmöglich Erscheinende schaffen kann.“   Und die kleinen Erfolge führen dann auch zu mehr Selbstwertgefühl bei den Patienten.