Helmstedter Pilotprojekt bereitet behinderte Menschen auf den Straßenverkehr vor

Sicher durch den Straßenverkehr – schon früh werden Kinder, zum Beispiel im Kindergarten, mit den Regeln und Gefahren des Straßenverkehrs vertraut gemacht. Dafür gibt es reichlich Literatur, Spiele, Veranstaltungen und vieles mehr. Sucht man jedoch Bücher oder Informationsmaterial für Menschen mit Behinderungen, um diese an den Straßenverkehr heranzuführen und so selbständiger zu machen, so sind diese nur schwer zu finden.

Diesem Problem haben sich vor gut zwei Jahren die Mitarbeiter der Wohnstätte der Lebenshilfe Helmstedt angenommen und veranstalten seitdem jährlich das Projekt „Sicherheit im Straßenverkehr“. „Eine unserer Hauptaufgaben ist es, die Selbständigkeit von Menschen mit Behinderung zu fördern“, erklärt Hartmut Neumann, Leiter der Wohnstätte Helmstedt.

„Um dieses Ziel erreichen zu können, sind eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen. Bei der selbständigen Alltagsbewältigung spielt die Mobilität eine entscheidende Rolle. Die Sicherheit im Straßenverkehr ist eine wichtige Voraussetzung für unsere Bewohner, um selbständig und eigenverantwortlich am Leben außerhalb der Einrichtung teilnehmen zu können.“

Karin Pötsch (links) und Olaf Gierz üben die Grundlagen der Sicherheit im Straßenverkehr

 

 

Antje Becker und Mathias Nowatzki, beides Gruppenleiter im Wohnheim, haben mit viel Engagement ein Konzept entwickelt, welches als Lernprogramm für die Bewohner in diesem Projekt eingesetzt wird. „Sie haben Seminare besucht, Informationen gesammelt und mit viel Kreativität eigene Dinge entwickelt, um unser Projekt umsetzen zu können“, lobt Neumann die Arbeit. Und die Ergebnisse kommen gut an. „Die Nachfrage ist enorm“, betont Antje Becker. Rund 95 Prozent der Bewohner nehmen regelmäßig an den Veranstaltungen teil, die neben Spielen, Lernblättern und Puzzel auch einen praktischen Aufgabenblock beinhalten.

„Der Schwerpunkt liegt dabei im Erkennen der Verkehrsschilder“, erklärt Mathias Nowatzki. „Wir unternehmen mit der Gruppe unter anderem Spaziergänge, weisen auf die einzelnen Verkehrsschilder hin und gehen verschiedene Verkehrssituationen durch.“ Und das regelmäßige Üben und Abfragen macht sich bezahlt. Auch wenn nicht alle in der Lage sein werden, das Gelernte mal ganz alleine anzuwenden – sei es um kleinere Einkäufe zu tätigen oder den Weg zur Arbeit selbst zu bewältigen – „so merkt man, dass die Bewohner aufmerksamer und disziplinierter geworden sind“, betont Antje Becker.

„Die Teilnehmer können nach der Absolvierung einer Lerneinheit ihr Wissen in der praktischen Übung unter Beweis stellen“, so Neumann. Einmal im Jahr werden die bestandenen Prüfungen in einem feierlichen Rahmen gewürdigt. In den vergangenen Jahren gab es für alle eine Urkunde und eine Medaille. Dieses Jahr überraschten Antje Becker und Mathias Nowatzki die Teilnehmer mit etwas Neuem: Jeder Prüfling erhielt einen „TÜV-Ausweis“, der ihm bescheinigt, dass er an den Übungen und den Prüfungen erfolgreich teilgenommen hat.

Sabine Truhn bei einem Workshop in der Autostadt Wolfsburg

Unterstützt wird das Projekt seit Beginn von der Autostadt Wolfsburg. „Auf unsere Anfrage hin, ist die Autostadt in das Verkehrsprojekt mit eingestiegen“, sagt Neumann. „Denn auch die Autostadt hatte bisher nur sehr wenig Erfahrung mit dem Umgang des Themas Menschen mit Behinderung und Verkehrssicherheit.“ Der Leiter der Abteilung „Inszenierte Bildung“, Dr. Michael Pries, besuchte die Wohnstätte, um sich einen Eindruck von den Inhalten des Projektes zu verschaffen. „Während seines Besuches konnten wir ihn von unserem Konzept überzeugen, woraufhin er die Unterstützung durch die Autostadt Wolfsburg zusicherte“, berichtet Neumann. Seitdem steht die Mitarbeiterin der Abteilung „Inszenierte Bildung“, Gabriele Grubert, mit Rat und Tat zur Seite.

Zudem wird der Wohnstätte Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. Weiter stehen regelmäßige Besuche der Teilnehmer in der Autostadt auf dem Programm, bei denen die umfangreichen Angebote vor Ort genutzt werden können. „Mit diesem Hintergrund können wir zu Recht behaupten, dass es sich bei unserem Kurs um ein Pilotprojekt handelt“, sagt Neumann stolz.