Bluttests dürfen nicht zur Regeluntersuchung in der Schwangerschaftsvorsorge werden!

Verband für Menschen mit Behinderung unterstützt eine fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag zur besseren Kontrolle von nicht-invasiven Pränataltests (NIPT).

Berlin. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe hatte immer wieder vor der Einführung vorgeburtlicher Bluttests als gesetzliche Kassenleistung gewarnt:

Nicht-invasive Pränataltests, kurz NIPT, werden nicht die Ausnahme bleiben, sondern zur Regeluntersuchung in der Schwangerschaftsvorsorge werden. Jetzt haben Abgeordnete verschiedener Fraktionen einen Antrag (20/10515) im Bundestag gestellt, der ein Monitoring und ein Expertengremium zu den Folgen der Bluttests fordert. „Wir begrüßen diese Initiative sehr“, so Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und frühere Bundesgesundheitsministerin. „Menschen mit Behinderung gehören dazu und dürfen nicht aussortiert werden. Der Druck der Gesellschaft, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, wird durch solche Tests immer größer!“

Erste Zahlen bestätigen die Befürchtungen der Lebenshilfe: Bei einer Geburtenrate in Deutschland, die im zurückliegenden November bei 631.000 Kindern lag, haben insgesamt 137.914 schwangere Frauen im ersten Halbjahr 2023 den NIPT als Krankenkassenleistung in Anspruch genommen. Das geht aus der Antwort (20/10039) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/9677) der Unionsfraktion hervor. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist der Antwort zufolge in den zurückliegenden Jahren tendenziell gestiegen. Während im ersten Quartal 2021 insgesamt 24.641 Abbrüche registriert wurden, waren es im ersten Quartal 2022 insgesamt 25.817 Abbrüche und im ersten Quartal vergangenen Jahres 27.576 Abbrüche.

Zum Hintergrund:

Der NIPT musste früher selbst bezahlt werden, seit Juli 2022 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in bestimmten Fällen die Kosten. Schwangere Frauen können ihr Blut untersuchen lassen, um herauszufinden, ob ihr Kind Anzeichen für eine Behinderung hat. Zum Beispiel das Down-Syndrom, auch Trisomie 21 genannt. Diese Bluttests sind aber nicht sicher, teilweise zeigen sie eine Behinderung an, auch wenn das Kind keine Behinderung hat. Je jünger die werdende Mutter ist, desto größer ist die Fehlerrate. Das Kind hat also gar kein Down-Syndrom, obwohl der Test zu diesem Ergebnis kommt.

In den meisten Fällen führt die Diagnose Down-Syndrom zur Abtreibung des Kindes. Menschen mit Trisomie 21 wie der Berliner Schauspieler Sebastian Urbanski fühlen sich durch NIPT diskriminiert. Er engagiert sich ehrenamtlich im Bundesvorstand der Lebenshilfe und sagt: „Ich lebe gerne und habe viel Freude am Leben. Ich bin glücklich, weil ich mich als Teil der Gesellschaft fühle und einfach dazu gehöre. Manchmal brauche ich zwar etwas mehr Unterstützung, aber die braucht ja jeder mal. Nur diese Bluttests machen mir und anderen Menschen mit Down-Syndrom wirklich große Sorgen.“

In einem fraktionsübergreifenden Antrag an den Bundesrat forderte schon im Mai 2023 auch die Freie Hansestadt Bremen, den Umgang mit solchen vorgeburtlichen Bluttests bundesweit zu überprüfen und zu verbessern.

Mutter mit ihrem Kind mit Down-Syndrom. Foto: Lebenshilfe / David Maurer