Lebenshilfe-Beschäftigte sehnen sich nach Rückkehr zur Normalität

Am 3. Dezember war der Welttag der Menschen mit Behinderungen, der das öffentliche Bewusstsein für die Belange eben dieser Menschen stärken soll. Auch unter der Corona-Krise leiden Menschen mit Behinderungen – teilweise anders – , dabei gehen sie aber auch neue Wege, um gesellschaftliche Teilhabe zu erleben. Davon berichten Vertreter der Lebenshilfe Helmstedt/Wolfenbüttel.

Ähnlich wie in Unternehmen der Betriebsrat gibt es bei der Lebenshilfe Helmstedt/Wolfenbüttel einen Werkstattrat, bei dem Menschen mit Behinderungen die Belange ihrer Kollegen vertreten. „Derzeit treffen wir uns wegen der Pandemie in einer kleineren Runde als sonst üblich“, sagt der Vorsitzende des Gremiums, Kai-Richard Meyer. Ganz verzichten wollten die Vertreter auf diese Runde nicht.

Bei diesen Runden mit dabei ist auch immer Ines Schönian. Sie engagiert sich als Frauenbeauftragte für die weiblichen Beschäftigten der Werkstätten. Diese Kooperation der beiden Selbstvertretungs-Organe ist bundesweit noch nicht überall etabliert. Wolfenbüttel/Helmstedt nimmt eine Vorreiterrolle ein. Darüber berichtete kürzlich sogar das Magazin Werkstatt:Dialog der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten. Auch von anderen Lebenshilfen aus dem gesamten Bundesgebiet gab es viel positives Feedback zu dieser Helmstedter und Wolfenbütteler Lösung.

Die Vertreter sind zudem derzeit Mitglieder im Pandemie-Team der Lebenshilfe Helmstedt/Wolfenbüttel und erfahren alle Neuigkeiten aus erster Hand von der Geschäftsführung und den Einrichtungsleitungen. Die regelmäßigen Treffen der „Regionalen Arbeitsgemeinschaft Werkstattrat“ oder des Bundesnetzwerks „Starke.Frauen.Machen“, an denen Meyer und Schönian teilnehmen, finden derzeit per Videokonferenz statt. Seine jährliche Vollversammlung haben die Gremien dieses Jahr durch eine Videopräsentation ersetzt, die an allen Standorten in Helmstedt und Wolfenbüttel gezeigt wurde. Werkstattrat und Frauenbeauftragte sind stets auch über ihr Diensthandy zu erreichen. „Es fehlt aber der persönliche Kontakt“, sagt Ines Schönian.

Die gewählten Vertreter haben stets ein offenes Ohr für die Ängste und Sorgen ihrer Kollegen. Und davon gab es in diesem Jahr besonders viele. Beispiel Lohn: Viele Beschäftigte mussten während des Lockdowns Anfang des Jahres zuhause bleiben. Die Werkstätten waren per Verordnung geschlossen. Wie wird sich das auf die Gehälter auswirken? So lautete eine der dringendsten Fragen. „Die Lebenshilfe ist verpflichtet für solche Fälle Rücklagen für ein halbes Jahr zu bilden. Dadurch ist der Lohn zunächst gesichert“, erklärt Henrike Schirren. Die Mitarbeiterin unterstützt die Frauenbeauftragten bei deren Arbeit.

„Mit Ende des Lockdowns kamen wieder neue Aufträge rein und die Beschäftigten konnten wieder durchstarten“, sagt Henrike Schirren. Derzeit sei der Betrieb auf etwa 75 Prozent gedrosselt, um überall die notwendigen Abstände einhalten zu können. Praktisch bedeutet das: Fast jeder Beschäftigte muss eine Woche pro Monat zuhause bleiben.

Zuhause zu bleiben – auch das war problematisch in diesem Jahr. Die Wohnheime der Lebenshilfe wurden wie Pflegeheime eingestuft, berichtet Schirren. Daher durften die Bewohner im ersten Lockdown keinen Besuch empfangen und selbst das Gelände nicht verlassen. „Wir haben viel unternommen. Es gab viele Angebote, die Freizeit zu gestalten: Sport, Spiel und Basteln“, berichtet Vanessa Goltz. Sie ist Mitglied des Wohnbeirats der Lebenshilfe und vertritt die Belange ihrer Mitbewohner.
Die Ausgangs- und Besucher-Beschränkungen sind derzeit nicht mehr so umfangreich.

Das Soziale sei jedenfalls dieses Jahr sehr kurz gekommen. Neben der Besuchereinschränkungen fehlte ein Großteil des Freizeit-Angebots, die Treffs Café Muck (Schöningen), Café Fröhlich (Helmstedt) und der Freizeittreff in der Töpferstraße (Wolfenbüttel) mussten schließen, alle Reisen sind ausgefallen, alle Feste wurden abgesagt. Die verlässlichen Tagesstrukturen sind für Beschäftigte und Wohnheim-Bewohner weggebrochen. „Die Freude war bei vielen groß, als wir zumindest wieder in der Werkstatt arbeiten konnten“, berichtet Vanessa Goltz.

Somit hoffen auch die Beschäftigten und Bewohner der Lebenshilfe auf eine Rückkehr zur Normalität. Ein optimistisches Zeichen setzen sie bereits: „Wir haben schon angefangen, für unsere Sommerfeste im kommenden Jahr zu planen“, berichtet Werkstattrat-Vorsitzender Kai-Richard Meyer.

BU: Die Vertreter der Beschäftigten und Bewohner der Lebenshilfe Helmstedt/Wolfenbüttel: (von links) Detlef Sturm (stellvertretender Vorsitzender des Werkstattrats), Ines Schönian (Frauenbeauftragte), Kai-Richard Meyer (Vorsitzender des Werkstattrats) und Vanessa Goltz (Wohnbeirat). Foto: Lebenshilfe