Schwere Dinge leicht erklären – Leichte Sprache im Alltag

Am 13. September ist „Tag der deutschen Sprache“

Seit 2001 findet jedes Jahr am zweiten Samstag im September der Tag der deutschen  Sprache statt. In ganz Deutschland finden an diesem Aktionstag Veranstaltungen und Diskussionsrunden statt, die zu einem bewussteren Umgang mit der deutschen Sprache ohne überflüssige englische Ausdrücke und Fremdwörter aufrufen. Ein gutes und verständliches Deutsch für alle bedeutet auch, sich mit den speziellen Ansprüchen von Menschen mit Behinderungen und ihrem Umgang mit Sprache im Alltag zu beschäftigen. 

Mitbestimmung ist wichtig. Aber wer mitmachen will, muss auch informiert sein. Manche Dinge sind schwer zu erklären. Viele Menschen in Deutschland können nicht, oder nur begrenzt, lesen und komplexe Texte verstehen. Sie stoßen häufig bei Behördengängen, Arztbesuchen oder in anderen Situationen an Grenzen, die mit Hilfe von sogenannter „Leichter Sprache“ überwunden werden könnten. Schwere Dinge einfach zu erklären, damit sie jeder verstehen und mitreden kann, das soll „Leichte Sprache“ bewirken. Texte in dieser Sprache unterscheiden sich sprachlich und gestalterisch von dem was heute verbreitet ist. 

Schön soll „Leichte Sprache“ nicht sein, sondern simpel, klar und funktional. Neben kurzen Sätzen, großer, klarer Schrift und ergänzenden Bildern wird auf Fremdwörter und Abkürzungen weitgehend verzichtet. Was in Zeitungs-, Wissenschafts- und Beamtendeutsch verpönt ist, ist für die einfache Sprache unersetzlich. Hier sind zum Beispiel Wortwiederholungen ausdrücklich erwünscht. Spezialisierte Übersetzter, die es bisher in der Region Wolfenbüttel nicht gab, achten bei ihrer Arbeit auf einen logischen Aufbau, leicht verständliche Wörter und verzichten auf komplizierte Zahlenangaben. „Leichte Sprache“ ist jedoch keine Kindersprache und richtet sich gezielt an erwachsene Menschen. 

Bereits heute gibt es Parteiprogramme, Romane, Zeitschriften und Behördenführer in leichter Sprache, und auch die Bibel wurde bereits in einer speziellen Version veröffentlicht. Ziel der Verbreitung von Publikationen in einfacher Sprache ist es, Arbeitsplätze, Schulen aber auch den Alltag für jeden barrierefrei zu gestalten und so eine gleichberechtigte Teilhabe für alle Menschen zu ermöglichen. Auch das Lebenshilfe-Magazin, die Wochenzeitschrift „Klar und Deutlich‟ und der kostenfreie „Ratgeber für Menschen mit Behinderung‟ vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales sind in „Leichte Sprache“ verfügbar. 

Entstanden aus der Selbstbestimmungsbewegung heraus gibt es seit den 70er Jahren Versuche“ Leichte Sprache“ in Europa zu verbreiten. Seit den 90er Jahren wurden Richtlinien zur leichteren Lesbarkeit in verschiedenen Ländern erarbeitet. Dabei richten sich die Übersetzungen an Menschen mit 

Lernschwierigkeiten oder geistiger Behinderung genauso wie an Senioren, Migranten und Gehörlose. Ein Erfolg ist zum Beispiel im Bereich der Bundesverwaltung zu verzeichnen. Seit 2011 gilt die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung, die besagt, dass Internetangebot in „Leichter Sprache“ vorliegen müssen. Das Internetangebot der Bundesregierung in „Leichter Sprache“ findet man unter folgendem Link: http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/LeichteSprache/leichteSprache_node.html%20. 

Die Nachfrage für Texte in einfacher Sprache ist gerade im Zuge der vorherrschenden Inklusionsdebatte vorhanden. Aber es gibt noch viel zu tun, bis alle wichtigen Informationen, Anträge, Gesetze und Gebrauchsanweisungen auch in „Leichter Sprache“ verfügbar sein werden. Axel Koßmann, Sozialpädagoge der Lebenshilfe würde sich über mehr „Leichte Sprache“ bei Behörden freuen, denn gerade bei Behördenschreiben kommt es häufig zu Problemen. Denkbar zur Verbreitung und praktischen Umsetzung wäre die Verankerung eines Rechts auf „Leichte Sprache“ im Gesetz. Vorbildcharakter könnte dafür das Recht auf Gebärdensprache sein. 

Logo für Texte in Leichter Sprache von Inclusion Europe.