Ein Traum ist wahr geworden

Wenn Michael Jordan nach Feierabend zuhause ankommt, geht sein erster Schritt in Richtung Fernseher. Schnell muss er überprüfen, ob er im Videotext Neuigkeiten über seinen Lieblingsverein, den FC Bayern München, findet. Sein Zuhause, das ist seit 15 Jahren ein Zimmer in der Wohnstätte der Lebenshilfe Helmstedt. Poster, Fotos, Wimpel – alles, was mit dem FCB zu tun hat, ziert die Wände, von denen man nur noch erahnen kann, dass sie eigentlich weiß sind.
„Das Zimmer gleicht einer Bayern München Kultstätte“, beschreibt Hartmut Neumann, Leiter der Wohnstätte, Jordans Domizil. „Der FCB ist einfach sein Leben“, führt Neumann aus. Dabei seien es nicht ausschließlich die Fußballer des Bayernteams, die es Jordan angetan hätten. „Sein großes Idol ist Uli Hoeneß. Michael selbst sieht sich generell vielmehr in der Managerposition als in der des bloßen Fußballfans“, erklärt der Lebenshilfe-Mitarbeiter. Fast täglich fachsimpelt Jordan mit Neumann über mögliche Spielertransfers, die zum Wohle des Lieblingsvereins auszuhandeln seien.

Michael Jordans Zimmer ist eine kleine Kultstätte für den FCB.

Diese glühende Leidenschaft für den FC Bayern München bewog Neumann schließlich dazu, Uli Hoeneß, den Präsidenten des Fußballclubs, zu kontaktieren. „Ich habe Herrn Hoeneß einen Brief geschickt, in dem ich von Michael und seiner großen Passion geschrieben habe“, erzählt der Wohnstättenleiter. Neumann erwähnte in seinem Schreiben auch, dass es ein großer Traum von Jordan sei, einmal im Stadion dabei sein zu dürfen, wenn der FC Bayern spielt. Und dass seine Ersparnisse leider nicht für eine Fahrt nach München plus Ticket ausreichen würden. Denn Michael könne nicht widerstehen, sein Taschengeld, das von dem Einkommen aus der Tätigkeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung übrig bleibe, nahezu gänzlich in die neuesten FCB-Fanartikel zu investieren.

Kaum dass Neumann das Schreiben abschickte, kam prompt ein Paket für Jordan in Helmstedt an. Darin lagen – neben einem Fan-Shirt und einer neuen Bayern-Cap – ein Stapel Autogrammkarten sämtlicher FCB-Spieler. Der Clou allerdings waren zwei Eintrittskarten für die Bundesligabegegnung Wolfsburg – Bayern München, die bereits einige Tage nach Erhalt des Fanpakets stattfand. Jordan konnte sein Glück kaum fassen. Mit Trikot, Schal, Mütze und Fahne ausgerüstet, machte sich Neumann schließlich mit dem in rot-weiß eingehüllten  FC Bayernfan auf den Weg ins Wolfsburger Stadion. „Wir saßen auf der Haupttribüne, in Reihe drei, ganz in der Nähe des Münchener Fanclubs“, erzählt der eigentliche Initiator dieses Spektakels. „Michael hat das komplette Spiel über lautstark sein Team angefeuert. Er hat es sogar geschafft, dass einige Bayern-Spieler ihn registrierten und freudig zuwinkten“, erinnert sich Neumann.
Dieses besondere Ereignis wird noch lange Zeit Gesprächsthema Nummer eins bei Michael Jordan bleiben, weiß Neumann, der diesen großen Traum für den jungen Mann durch seinen persönlichen Einsatz überhaupt erst möglich machte. Und das, obwohl das Herz des Lebenshilfe-Mitarbeiters als „alter Bremer“ eher für den SV Werder schlage. „Zum Dank schicken wir ein Foto von Michael in seinem neuen Bayerndress und ein von ihm gestaltetes Schreiben nach München“, erklärt Neumann, der diese positive Reaktion des Münchener Fußballclubs auf seinen Brief keinesfalls als Selbstverständlich erachtet.