Pandemie-Blues Ade – Die Kraftzwerge rocken wieder!

Helmstedt. Vieles hat sich in zwei Jahren Pandemie geändert – die Kraftzwerge nicht. Mit Elan und großer Vorfreude auf neue Auftritte, mit temperamentvollen Rock-Coversongs und bisweilen humorvollen Eigenkompositionen hat die seit 16 Jahren bestehende Band zurück ins ehemalige Café Muck gefunden. Wie so vieles ist der Treffpunkt im Laufe der Pandemie unter die Räder geraten. Doch davon lassen sich Kraftzwerge nicht aufhalten.

Es wird wieder geprobt, dass die neu eingezogenen Leichtbauwände wackeln. Und auch wenn es hier und da noch etwas hakelt nach einer langen Zeit ohne Proben – Die Richtung stimmt und der Spaßfaktor bleibt.

Die Band der Lebenshilfe Helmstedt-Wolfenbüttel hatte im Jahr 2019 ihren letzten großen Auftritt auf dem Altstadtfest in Schöningen. „Das war damals richtig gut. Deswegen wollten die uns nächstes Jahr auch wieder dahaben“, berichtet Schlagzeuger Marcus Herrmann begeistert. Doch zum nächsten Jahr kam es nicht – eine Pandemie legte das Bandgeschehen lahm. Und auch die Muse wollte in einer Zeit des kulturellen Müßigganges nicht so richtig küssen. „Ein bis zwei Lieder sind in der Pandemie schon entstanden…was gemessen an zwei Jahren nicht viel ist“, erzählt Sängerin und Keyboarderin Angela Thurau fast ein bisschen verschämt. Rolf Kaufmann, Leiter des Musikprojektes, stimmt zu: „Die Motivation fehlte einfach ein bisschen. Es gab ja keine Perspektive für Auftritte und Künstler.“

Gerade als die Stimmung in der Runde ins Melancholische kippt, stimmt Trommler und Sänger Adrian Knobloch aus heiterem Himmel ein Lied an: „Alarm, Alarm, die Lebenshilfe spart Energie, so viel wie noch nie!“ und hört sehr zur Erheiterung der übrigen anwesenden Bandmitglieder auch gar nicht mehr auf. Fast schon etwas punkig klingt das. Und das gibt auch schon ein bisschen die Richtung wieder, in welche die Musik der Kraftzwerge geht – alles darf, nichts muss.

Herrmann: „Wir versuchen aktuelle Songs zu machen. Über Umwelt, Klima und Skandale. Zum Beispiel auch ein Lied über Dioxin, als das aktuell war.“ Adrian stimmt an: „Dioxin, gefährlicher als Heroin…“ Und so spiegelt die Diskografie der Kraftzwerge aktuelles wie beeindruckendes wider. „Wir bedienen den Musikgeschmack der Bandmitglieder“, fasst Projektleiter Rolf Kaufmann zusammen. Marcus Ewert sing hervorragend im Stile von AC/DC. Wir haben vier Potente Sängerinnen und Sänger – das macht einen Teil unserer Qualität aus!“

Den Erfolg hatte der viel gebuchten Band, die sogar schon einmal in Polen und Verden Erfolge feiern konnte. Den Kraftzwergen – der Bandname stammt aus dem Kopf des Sängers und Schlagzeugers Carsten Niehoff – hatte den Erfolg keiner so richtig zugetraut. Sogar sie selbst waren skeptisch: „Besonders was das Spielen auf Großveranstaltungen angeht – mit angetrunkenen Leuten vor der Bühne“, setzt Bandleiter Rolf Kaufmann an und erklärt: „Wir sind eine Band aus Menschen mit Behinderung. Es gab Angst vor Vorurteilen.“ Bestätigt habe sich das nie. „Im Gegenteil! Wie Angela hervorhebt, und die fünf Anwesenden der achtköpfigen Band verlieren sich wieder in Anekdoten.

2021 war schwierig, das konstatiert Kaufmann ganz ohne Beschönigung: „Es musste sich zeigen, ob der Zusammenhalt da ist. Wir mussten uns am Riemen reißen – und sind jetzt echt stolz, dass es in der Originalbesetzung gehalten hat.“ Aufgeben wollte niemand. Doch die Angst, dass es „den Bach runtergeht“, wie Angela Thurau formuliert, hatten alle. Der Verlust des Café Muck bekräftigte das noch. In den Räumlichkeiten soll jetzt ein Kindergarten entstehen. Nur eine kleine „Ecke“ des legendären Musikcafés konnten sich die Kraftzwerge erkämpfen. „Hier steppte der Bär. Es war ein überregionaler Treffpunkt. Wir werden das sehr vermissen“, so Schlagzeuger Marcus Herrmann wehmütig.

Doch die Kraftzwerge blicken nach vorne. „Am 11. Juni ist das Sommerfest bei der Lebenshilfe in Helmstedt. Am 18. Juni spielen wir in Edemissen (bei Peine) und im August im Dorffest in Räbke“, erzählt Kaufmann. „Das war’s erstmal. Wir hoffen natürlich, dass da noch mehr kommt!“ Bis dahin treffen sich die Kraftzwerge wieder wöchentlich in „ihrer“ kleinen Ecke im früheren Café Muck zum Proben. „Die ganze Zeit der Pandemie war ein Auf und Ab. Immer wenn man dachte, man könnte, wurde es kurzfristig wieder abgesagt.“ Angela Thurau meint: „Jetzt muss man erstmal wieder reinkommen. Ein paar Sachen sitzen noch nicht so richtig.“ Nach eineinhalb Jahren zwischen den Proben kann sich das, was gespielt wird, aber auf jeden Fall hören lassen.

Zum Bild: Mit fünf von acht Köpfen schon wieder dabei: Marcus Herrmann am Schlagzeug, Jan Medaillon an der Bassgitarre, Angela Thurau am Mikrofon, Adrian von Knoblauch beim Trommeln und Singen und Projektleiter Rolf Kaufmann. Es fehlen: Marcus Ewert (Gitarre und Gesang), Carsten Niehoff (Gesang und Percussion) und Marco Schuster (Gesang und Percussion).