„Krippe für alle“

 

Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Kinderkrippe der Helmstedter Lebenshilfe kaum von anderen Krippen. Überall wird getobt, gespielt und gelacht. Die Räume sind hell, bunt und modern eingerichtet. Insgesamt vier Betreuerinnen kümmern sich um zwölf Kinder im Alter von ein bis drei Jahren. Die Besonderheit: Bei der Lebenshilfe werden Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam in einer integrativen Gruppe betreut. Das Konzept klingt einfach: „Wir sind eine Krippe für alle“, erklärt Rita Gardlo, Leiterin der Krippe und der Frühförderung der Lebenshilfe Helmstedt. „Wir schauen uns die individuellen Bedürfnisse der Kinder an. Ob sie behindert sind oder nicht, macht für uns grundlegend keinen Unterschied. Jedes Kind bekommt die Betreuung, die es benötigt. Keines der Kinder wird herausgehoben. Die Kinder lernen dadurch mit und von den anderen Kindern.“

 

Voneinander lernen können auch die Eltern. In regelmäßigen Gesprächsrunden können sie sich über den Umgang mit ihren Kindern austauschen. Das schaffe Verständnis und baue Berührungsängste ab. „Weder Kinder noch Eltern sollen isoliert werden“, verspricht Gardlo. Das Konzept kommt an. „Der Bedarf ist deutlich größer. Die Warteliste ist lang“, bestätigt die Leiterin. Das Interesse sei nicht nur bei Eltern von behinderten Kindern groß.Im Mai 2010 startete die integrative Krippengruppe der Lebenshilfe.

Bereits bei den Bauarbeiten und der Einrichtung wurde das Fachpersonal eng mit eingebunden. Besonders stolz ist man auf eine Bewegungsstrecke, auf der die Kinder auch im Winter ihre motorischen Fähigkeiten trainieren können. Die Einrichtung bemüht sich, bestens auf die Kinder eingestellt zu sein. Als Teil eines Modellprojektes des Landes betreuen insgesamt zwei Erzieherinnen, eine heilpädagogische Fachkraft und eine Kinderpflegerin die zwölfköpfige Krippengruppe. „Das sind sehr gute Bedingungen“, bescheinigt Gruppenleiterin Julia Wendhausen. „Von dem Modellprojekt profitieren alle. Die Gruppengröße und die Zahl der Betreuer passt toll zusammen. Wir können uns intensiv um die Kinder kümmern, und das tut ihnen gut.“

Sie und ihre Kolleginnen hoffen darauf, dass das Land auch nach dem Modellprojekt an den aktuellen Maßstäben festhält. „Es wäre falsch, wenn Hannover an den Stunden unserer heilpädagogischen Fachkraft sparen würde. Sie ist fester Bestandteil des Teams und ist wichtig für die Betreuung“, sagt Wendhausen. Zum Betreuungsprogramm gehört es auch, dass erforderliche Therapien auf Wunsch der Eltern in der Krippe durchgeführt werden können. „So sparen sich die Eltern nach der Abholung der Kinder den Weg zur Therapie und haben dadurch mehr Zeit für ihren Nachwuchs“, erläutert Rita Gardlo.

Ohnehin sei die Krippe eine große Erleichterung für Eltern von behinderten Kindern. „Vorher konnten sie erst ab dem dritten Lebensjahr in einem entsprechenden Kindergarten eine professionelle Tagesbetreuung in Anspruch nehmen.“

Verbesserungsbedarf besteht in der Kinderkrippe der Lebenshilfe kaum. „Eine zweite integrative Gruppe wäre sehr wünschenswert“, gesteht Doreen Quabs, die heilpädagogische Fachkraft der Krippe. Die Warteliste sei lang und der Bedarf groß. „Eine zweite Gruppe wäre dringend nötig!“ Ein Wunsch ist allerdings noch dringender. „Wir wären froh, wenn die gesellschaftliche Kluft zwischen Menschen mit und ohne Behinderung verschwinden würde“, unterstreicht Rita Gardlo. Immerhin: Mit der Krippengruppe arbeite man genau auf dieses Ziel hin.

Quelle: Braunschweiger Zeitung